Fast hundert Jahre war das Bandonion wegen seines unverwechselbaren Klangcharakters beliebt und bekannt. Aber nach dem Zweiten Weltkrieg wurde es in Europa vom Akkordeon verdrängt. Vermutlich auch, weil es so schwer zu spielen ist. Die folgende Geschichte ist eine Liebeserklärung an dieses schöne, vom „Aussterben“ bedrohte Instrument.
Bandoniongeschichten
von und mit Gerd Newiger
Melodie: "Argentinischer Tango" - Komponiert und gespielt von Fredy Dörpinghaus
Das Bandonion ist ein dem Akkordeon verwandtes Faltenbalginstrument, mit frei schwingenden Stahlzungen zur Tonerzeugung. Ähnlich wie bei einer mit Luft angeblasenen Mundharmonika, erzeugt beim Bandonion der Balg die erforderliche Luft. Vorläufer war die Konzertina, mit acht Knopftasten auf jeder Seite.
Anno 1842 – 46, so genau lässt es sich nicht mehr feststellen, hatte der Konzertmeister/Dirigent Heinrich Band in Krefeld den Wunsch, die Klangfarbe der Konzertina (Abbildung links) in sein Orchester einzufügen. Der Tonumfang war aber nicht ausreichend für anspruchsvolle Musik. Heinrich Band erweiterte den Tonumfang der Konzertina, vergrößerte das Instrument, gab ihm eine rechteckige Form und benannte es „Band onion = Bandonion“, international auch Bandoneon. Es wurde ausschließlich in Deutschland gebaut, hauptsächlich im Erzgebirge. Um 1870 gelangte es nach Argentinien und hat durch seinen wehmütigen, weichen, orgelähnlichen Klang, den argentinischen Tango beeinflusst.
Im Jahre 1998 wurde ich König einer 1638 gegründeten Schützengilde. In unserer Gilde kann man das nur einmal im Leben werden, es ist eine besondere Ehre, aber auch eine verantwortungsvolle Aufgabe. Erwartet wird vom Königs-Ehepaar, dass es die Gilde repräsentativ vertritt, also eine gute Figur macht. Aber besonders wichtig sind gewisse Aktivitäten die die Gildeschwestern und Brüder unterhalten und erfreuen, um den Zusammenhalt zu fördern.
Es wurde unter anderem ein Bandonion–Konzert im eigenen Gildehaus veranstaltet. Bingo sagt man heute, Volltreffer, das Haus war bis auf den letzten Platz besetzt bei guter Stimmung. Beim Gespräch mit den Musikern in der Pause, erwähnte ich im Besitz eines Bandonions zu sein. Das hätte ich nicht tun sollen, man lud mich ein das Instrument bei einem Übungsabend einmal mitzubringen und vorzuspielen. Das Instrument wurde präsentiert, auch vorgespielt, entwicklungsfähig meinte einer, komm setz dich mit rein ins Orchester und spiele mit.
Man gab mir Noten. Weder traf ich einen Ton zur rechten Zeit, noch wusste ich nach kurzer Zeit wo man sich in der Note befand. Na ja, war ein Marsch, wohl für den Anfang ein bisschen zu schnell. Ein Walzer wurde angesagt, aha ein Walzer dachte ich. Der Dirigent hob den Taktstock und wieder flog ich nach den ersten Tönen raus und konnte mich auch nirgends wieder einklinken. Das war wohl nichts, mit meiner sogenannten Hausmusik konnte ich hier keinen Blumentopf gewinnen.
Ein Profi sah meine Enttäuschung, nahm mich an die Seite. Wenn du willst gebe ich dir Unterricht. Die Einschätzung der Konsequenzen die das als 53 jähriger für mich haben würde, war mir nicht bewusst. Als damals Neunjähriger hatte ich ein Jahr Musikunterricht, was ist das? Gar nichts! Wir fingen bei Null an. Es begann die harte Arbeit des Musizierens, jeden Tag nach der Arbeit eine Stunde mindestens, aber ein ehrgeiziger Schüler übt auch zwei bis drei Stunden oder länger. Hätte ich mir das doch nur nicht angetan dachte ich so manches Mal, denn mein Leben änderte sich. Es machte aber auch große Freude, die spürbaren Fortschritte ließen die Mühen bald vergessen, eine wunderbare Entspannung nach der Arbeit war es auch und meine Frau (sehr wichtig) ließ mich gewähren.
Mein Lehrer (Bild oben), inzwischen mein Freund geworden, sagte, Weihnachten trägst du ein Solo im Vereinsheim vor, ein Menuett von Mozart. Es war ein Erfolg. Mittlerweile spiele ich im Orchester mit, jeden Tag üben, sonst geht es nicht. Aber die Freude, die wir mit unserer Musik bereiten (25 bis 30 Auftritte/Anno), entschädigt für alle Mühen.
Restauration alter Bandonions
Die Bandonion-Produktion wurde um 1954 eingestellt, man konnte neue Instrumente nicht mehr erwerben.
Mein Instrument, ein Geschenk meines Patenonkels als ich neun Jahre alt war, war nicht besonders schön anzusehen. Der Korpus blaumeliert mit auffallender Beschädigung, der Balg lila, die Luftöffnungen grün. Ein neues Instrument musste her. Im Fernsehen war James Last zu sehen, im Orchester ein Bandonion-Solist mit einem weißen Bandonion. So ein Instrument, das wäre schön, dachte ich, aber wie? Es entstand der Gedanke, das vorhandene Instrument umzugestalten.
Im Musikgeschäft fragte ich nach einem schönen weißen Akkordeon. Wollen sie es kaufen, fragte man, nein nur das Material womit es bezogen ist möchte ich erwerben. Ein Anruf bei Hohner in Trossingen und man fragte, wie viel Quadratmeter, zwei Meter würden wohl fürs Erste genügen, war meine Antwort und spezieller Kleber und ob man auch gefalzte Balgpappe hätte, man hatte. Die Anlieferung erfolgte auch bald. Perloid hieß das besagte Material, steif wie eine Blechplatte, wie sollte das nur verarbeitet werden? Mit Heißluft, erzeugt durch einen Föhn, ging es.
Das Blau-Perloid-Instrument, kurzerhand in Weiß-Perloid umgearbeitet. Der Balg wurde in seine Einzelteile zerlegt, diese genau studiert, zwei Zickleinfelle gekauft, zugeschnitten und als Balgecken eingeleimt. Weißes Schmuckpapier eingelegt mit schwarzen Kaliko-Streifen. Die Tasten wie neu geputzt, wie auch die silbernen Zierleisten. Danach wurde das Instrument von einem Freund neu gestimmt. Nachts um zwei, drei oder vier Uhr war Feierabend und morgens um acht ging es ins Büro. Die Faszination, die anfallenden Probleme als Nichtfachmann lösen zu können, war Begeisterung pur.
Das erste Instrument in Weiß-Perloid wurde allgemein für ganz gut gelungen beurteilt. Es wurde dann ein schwarz lackiertes, schon in die Jahre gekommenes, unansehnliches Instrument gekauft. Auch dieses Instrument wurde weiß, aber diesmal weiß–metallisch gespritzt mit einem silbernen Intarsien–Steifen eingelegt. Ja, ja, sagte man, ganz schön.
Das dritte Instrument wurde mit Vogelaugen-Ahorn neu furniert, blau gebeizt, ein blau glänzender Balg eingebaut. (Bild links) Bei einem Kurkonzert, stellte ich dieses Instrument meinem neben mir sitzenden Musikkollegen vor. „Schön“, sagte er, „Blau mag ich nicht!“. Mich traf der Schlag, es war mir sofort klar, ich hatte meine Musikfreunde überfordert, mit immer neuen, restaurierten Instrumenten. Ich war ja auch immer noch der schlechteste Spieler, trotz intensiven Übens. Sie waren sicher im Stillen der Meinung, die Zeit, die beim Restaurieren draufging, sollte lieber zum Üben genutzt werden. Ich hatte überreizt, das war mir sofort klar geworden.
Es wurde trotzdem weiter restauriert. Das nächste Instrument wurde mit Nussbaum-Wurzelholz neu furniert, ein schwarz-goldener Balg eingebaut. Nur meinem Lehrer zeigte ich es. Er sagte, du hast die schönsten Instrumente, ich kann am besten spielen. Sofort bot ich ihm an, sein Instrument zu überholen. Freudig stimmte er ein und sagte, aber nur ein wenig schöner machen in schwarz, nicht mehr, nur neu lackieren. Ich sagte ja, aber dem Künstler musst du ein wenig freie Hand lassen.
Ja, sagte er und wusste nicht was er damit angerichtet hatte. Die Farbe wurde herunter geschliffen, die Stoßstellen ausgespachtelt, dann wurde neu lackiert, aber oh-weh, der schwarze Lack verzeiht einem keinen Fehler. Es wurde mehrfach geschliffen, gespachtelt, wieder geschliffen und wieder von vorne, es wollte keine fehlerfreie Fläche entstehen. Es wurden kurzerhand Silberstreifen als Intarsie eingelegt, dann wurde ein metallischer Effekt eingesprüht und das Auge war sofort zufrieden gestellt, es konnten keine Unebenheiten mehr erkannt werden. Vor Freude über das neue Instrument musste mein Lehrer sich eine Träne aus den Augen wischen.
Es ging weiter. Ein Instrument in der Plastiktüte ohne Balg gekauft, mit Madrona neu furniert, ein knallig roter Balg eingebaut. Dann wurden weitere fünf Instrumente restauriert. Ein Instrument, es war relativ neu und mit Perlmutt–Intarsien versehen, wurde mir von meinem Ersten Vorsitzenden des Bandonion-Vereins überreicht.
Mit den Worten: „Schau dir das einmal an, das wird wohl nicht mehr zu retten sein!“. Der Korpus war gesplittert, als wenn man ein Brett übers Knie bricht, Ornamente heraus gebrochen, es sah nicht gut aus und war absichtlich auf einen Steinfußboden geworfen worden. Es wurde repariert, so dass man von den Spuren der Beschädigung nichts mehr sehen konnte.
Mit der Zeit brauchte ich ein neues Forum. Aber das ist eine andere Geschichte.
Ein neues Forum
Ein international bekannter argentinischer Bandonion-Solist, Juan Jose Mosalini, gab in Kiel ein Gastspiel. Der Veranstalter erlaubte mir, die Bühne zu gestalten. Ein Poster mit der Aufschrift:
"Das Kieler Bandonion Orchester grüßt Juan Jose Mosalini",
sowie eine Bandonion Pyramide aus acht Instrumenten schmückten die Bühne. Der Künstler war sichtlich erfreut aber auch sehr überrascht, so ein Empfang war ihm noch nie zuteil geworden. Er bedankte sich anschließend mit einem Interview und Autogrammen auf besonders gefertigten Collagen, signiert mit den Worten: „Jm gran afecto Juan Jose Mosalini“ und einer Einladung nach Argentinien.
Die Kritik in der Presse: "Er ist eher in den Konzert- als in den Tanzsälen der Welt zu Hause“. Gemeinsam mit seinem Landsmann Astor Piazzolla gilt der argentinische Bandeonist J.J. Mosalini als der große Erneuerer des Tangos, als Verfechter des Tango Nuevo.
Ein weiteres Bühnenbild wurde dem argentinischen „Bandonion Orchester Dino Saluzzi and his Family“ gestaltet. Wieder mit einem Poster „Das Kieler Bandonion Orchester grüßt ………..“. Fünf poppige Segel in den Farben rot, blau, grün, gold und silber, jedes zwei Meter hoch gespannt, sieben Bandonions mit Nylonschnüren von der Decke herab gehängt. Diese Dekoration löste auch bei diesen sechs Orchestermitgliedern die größte Überraschung aus. Später, beim gemeinsamen Bier, wurden auch wieder Einladungen nach Argentinien ausgesprochen und Autogramme geschrieben.
Das NDR Nordschau-Magazin interessierte sich für das Restaurieren von Bandonions. Es wurde ein Beitrag von dieser Arbeit gesendet. Der tiefere Sinn dieser und weiterer Aktivitäten war, das Bandoneon nicht in Vergessenheit geraten zu lassen und es auch der Jugend wieder näher zu bringen.
Um 1930 gab es in Deutschland etwa 420 Bandonion-Orchester mit bis zu vierzig Orchester-Mitgliedern, die auf allen festlichen Anlässen musizierten. Es gibt heute gerade noch neun Orchester in Deutschland, ohne Nachwuchs. Musik studieren auf diesem Instrument kann man auf dem Konservatorium in Rotterdam (nachstehende Abbildung: Studenten). Diese Musiker werden alle Solisten, aber sie werden argentinische Musik-Literatur spielen, den argentinischen Tango, sind also für unsere Musik verloren.
Erstaunlich ist, dass viele Musiker bereits auf einem anderen Instrument Musik studiert haben und beim zufälligen Kennenlernen des Bandonions von diesem Instrument fasziniert sind und auf das Bandonion umsteigen. Auch ich erlag dieser Faszination, es ließ mich nicht mehr los.
Die nächste Bandonion-Operation
Inmitten unserer Stadt liegt das Verlags-Gebäude unserer Tageszeitung, es hat sieben große Schaufenster, die für besondere Ausstellungen zur Verfügung gestellt werden. Im September bekam ich einen Termin, was haben sie denn vor, fragte man. Eine Bandonion-Ausstellung sagte ich und rollte sieben aneinander geklebte DIN A 4 Bögen auf dem Fußboden aus, worauf die Fenster bereits zeichnerisch gestaltet und farbig dargestellt waren. Donnerwetter entfuhr es dem Sachbearbeiter, es wollten ja schon viele Leute die Fenster haben aber keiner war so gut vorbereitet, sie bekommen die Fenster im Oktober. Halt, halt sagte ich, es ist September, das schaffe ich ja nicht. Ja meinen sie wir haben bis heute darauf gewartet, dass jemand unsere Fenster haben möchte, wir sind dieses Jahr ausgebucht, sie bekommen die Fenster im nächsten Jahr im Oktober. Es fiel mir ein großer Stein vom Herzen, ein Jahr Zeit, das schaffe ich.
Im Oktober fand ein großes Bandonion-Treffen in Carlsfeld im Erzgebirge statt. Inzwischen war meine Überlegung gereift, acht Wochen Bandonion-Ausstellung in Kiel, wäre doch zu schade, wenn man das nicht mit Musik unterlegen würde. Gesagt getan, bei drei Orchestern fragte ich an, ob sie nach Kiel kommen würden, wenn ich sie nach Kiel einlade? Es war das Jahr 1993, die Jungs waren begeistert einmal in Kiel zu musizieren. Das Kieler Schloss wurde angemietet, mit der afro-amerikanischen Gesellschaft wurden vier weitere Veranstaltungen geplant, ein Bandoneon-Workshop wurde mit meinem Ersten Vorsitzenden organisiert. Ein Besuch beim musischen Gymnasium in Kiel traf auf offene Ohren, es wurden zwei Vorführungen auf dem Bandonion vereinbart. Die Studienräte wie auch der Direktor kannten dieses Instrument überhaupt nicht.
Es war ein hartes Jahr, neben meiner selbstständigen Arbeit das alles vorzubereiten. Meine Mitarbeiter konnten das Wort „B“ nicht mehr hören. Es waren acht wunderbare Veranstaltungen:
Ausstellung der150-jährigen Geschichte des Bandonions von 1844 bis 1994.
Schloss–Konzert mit drei gleichzeitig auf der Bühne sitzenden Bandoneon-Orchestern aus Dresden, Chemnitz und Kiel, mit ca. 1200 zuhörenden Gästen.
Vier Veranstaltungen im Kulturforum der Stadt:
Bandonion Quintett Klaus Gutjahr Berlin,
Bandonion Solist Hugo Diaz aus Paraguay,
Bandonion Workshop begleitet von zwei Bandonion-Solisten,
Hugo Diaz mit argentinischem Tanzpaar.
Zwei Veranstaltungen im Gymnasium vor rund einhundert begeisterten Schülern, vorgetragen vom Bandonion-Erbauer der neuen Generation und gleichzeitig Solist auf diesem Instrument, Klaus Gutjahr.
Der Verfasser dieser Geschichte hatte derartiges in seinem Leben vorher noch nie geplant, oder durchgeführt, er wird es auch nicht noch einmal versuchen. In Bandonion-Kreisen ist es nicht vergessen, es wird so etwas nicht mehr geben, das Bandonion stirbt bei uns aus. Durch das Bandonion habe ich viele interessante Menschen kennen gelernt.
Begegnung
Im Autoreisezug von Hamburg nach München sitzend, mit meinem Gegenüber im Schlafwagen, ein junges Ehepaar, kommt man ins Gespräch. Alle Gesprächspartner Motorradfahrer. Man stellt fest, alle aus einer Stadt und in ca. 300 m Luftlinie von einander entfernt wohnt man. So ein Zufall! Wovon redet man in Biker-Kreisen, natürlich vom Motorradfahren. Aber nicht lange, als das Wort Bandonion fällt, bei mir fällt es in einem Gespräch fast immer, wenn der Gesprächspartner mir die Möglichkeit dazu gibt. Die junge Frau, die mir gegenüber sitzt, bekommt den Mund gar nicht wieder zu, als sie sich gefangen hat sagt sie: „Sagen sie nur sie spielen Bandonion?“. „Natürlich“, war meine Antwort.
Meine Tätigkeit am Theater, sagt sie, besteht darin zu organisieren. Monatelang habe ich einen Bandonion-Spieler gesucht für die Piazzolla-Oper „ Maria de Buenos Aires“, die in unserem Theater aufgeführt wurde, und da wohnt einer in meiner unmittelbaren Nachbarschaft, das kann ich nicht fassen. Ungläubig schaut sie mich an. Ich beeile mich zu sagen nein, nein, mein Können hätte dafür nicht ausgereicht, aber sie haben ja einen mir gut bekannten Musiker aus Berlin gefunden der ein von mir restauriertes Instrument gespielt hat. Zur Prämiere durften meine Frau und ich dabei sein, es war sehr schön.
Ein halbes Jahr später, man hatte sich aus den Augen verloren, klingelt das Telefon, besagte junge Frau ist dran. Man freut sich, voneinander zu hören, das Ehepaar fährt kein Motorrad mehr, man war gestürzt und ihr Mann hatte sich einen komplizierten Beinbruch zugezogen. Das ist ja noch glimpflich ausgegangen, sagte ich. „Ich habe hier jemanden, der möchte für eine Vernissage Bandonion-Musik haben, aus Datenschutzgründen habe ich ihre Adresse nicht herausgegeben, sie können sich ja die Telefonnummer aufschreiben und wenn sie wollen mit dem Mann sprechen!“, sagte es und hängte ein.
Natürlich wollte ich mit einem Menschen sprechen, der sich für das Bandonion interessierte und noch dazu Musik auf dem Instrument zu so einer schönen Veranstaltung hören wollte. Man telefonierte noch am selben Tag mit einander, unser bester Spieler fand sich bereit zu spielen.
Aus dieser Begegnung entstand eine wunderbare freundschaftliche Bekanntschaft.
Aber dies ist wieder eine andere Geschichte.
Intarsien und ein Kunstmaler
Bandonions zu restaurieren war eine schöne Beschäftigung, ein Instrument mit selbst gestalteten Intarsien wollte ich einmal machen. Viele, viele Entwürfe führten letztendlich zu der Überzeugung, das gehört nicht auf so ein Instrument, lass die alten Meister-Entwürfe und ausgeführten herrlichen Arbeiten wie sie sind, egal was du dir ausdenkst es gehört nicht auf dieses Instrument. Aber der Gedanke Intarsien zu machen war geboren.
Bei einem Kuraufenthalt in Bad Füssingen begann ich mit den ersten Versuchen. Furniere, Werkzeuge und sonstige erforderlichen Utensilien hatte ich mitgebracht. Aber allein war ich nicht, meine Frau, Schwägerin und Schwager waren mit zur Badekur gefahren. Da ich ein Einzelzimmer hatte, konnte ich, wenn die anderen müde geworden waren, in meinem Zimmer mit der Arbeit beginnen.
Der erste Versuch war ein Nato-Stern. Den brachte ich am nächsten Morgen zu einer Tischlerei um diesen auf eine Trägerplatte verleimen zu lassen. Der Tischlermeister freute sich, dass sich noch einer mit der Anfertigung von Intarsien beschäftigte, alles was ich brauchte, bekam ich selbstverständlich umsonst. Ich legte aber trotzdem etwas in die vorhandene Kaffeekasse. Das gelungene Werk erfreute nicht nur meine Frau und Verwandtschaft. Wann hast du das denn gemacht, war die erstaunte Frage?
Es folgten ein spanisches Tanzpaar und eine aus einem Bademoden-Katalog entnommene farbige Badenixe. Alle diese Arbeiten riefen großes Erstaunen hervor, aber die Zeit der Kur war um und wir fuhren zurück nach Hause. Die Erstwerke befinden sich immer noch in meinem Besitz, sie sind natürlich nicht sehr schön und haben ihre unverkennbaren Fehler, aber es ist noch kein Meister vom Himmel gefallen. Die Werkzeuge wurden besser, die Technik des Schneidens auch.
Es wurde der Bandonionspieler Piazzolla gefertigt (mittlerweile zum fünften Mal), skurriles Bandonion Trio, Pinguin-Gruppen gleich drei Mal, ein Tulpenstrauß, Fantasie-Drehungen usw. usw. Die Motive erschlugen mich schier, vieles wollte ich machen. Bis ich eine Einladung in das Atelier eines Kunstmalers bekam, derjenige, der Bandonion-Musik zu einer Vernissage haben wollte. Sehr schöne Bilder gab es zu bewundern, eine kleine Schwalbe als Handstrichzeichnung lag auf einem Tisch, meine Bewunderung für diese Zeichnung veranlasste den Kunstmaler eine Kopie zu fertigen, mit den Worten, schenke ich ihnen, überraschte er mich. Dieses Motiv wurde natürlich gleich als Intarsie hergestellt. Bei der nächsten Gelegenheit schenkte ich sie dem Kunstmaler zurück. Die Freude darüber war, so glaube ich, groß.
"Wir machen eine gemeinsame Ausstellung in der größten Galerie Schleswig-Holsteins", war sein Entschluss. Wir schauten uns die Galerie an, man war mit uns einverstanden, aber oh Schreck, achtzig Bilder hatten Platz in der Galerie. "Jeder von uns stellt vierzig Bilder aus", sagte der Maler, "und wir wählen ein Format 40/50 cm, alle in weißen Rahmen!". Zwölf Bilder hatte ich in meinem Besitz, 28 Bilder sollte ich bis zur Ausstellung noch fertigstellen, ein harter Weg bis zur Ausstellung in einem dreiviertel Jahr.
Es wurden eine Tango-Serie mit zwanzig Bildern, ein zerstörter Tempel, das Leben, der Seitensprung, Kieler Leuchtturm und einige mehr. Die Vernissage war natürlich mit einem Tango-Orchester ausgestattet. Es war eine wundervolle Ausstellung, der weitere Ausstellungen folgten.
Die letzte Ausstellung fand 2006 in der historischen Stadthalle Wuppertal-Elberfeld statt.
Bilder-Nachtrag:
Kieler Bandonion Orchester
Bandionion Verein Harmonia Kiel im Jahr 1977
Hugo Diaz aus Paraguay
Programmheft-Vorderseite....
und nachstehend noch eine Gratulation aus Argentinien: